Zur kalifornischen Band Little Hurricane führe ich schon seit einigen Jahren eine Fernbeziehung. Nachdem sie sich »drüben« die West- und Ostküste rauf und runter den Arsch abgespielt haben (und dabei eine eindrucksvolle Bühnenhärte entwickelt haben), traten sie am 09.08.2017 im Berliner Privatclub auf.
Ich bin (wie auch immer) über eines der Open Air Live-Videos auf sie gestoßen. Celeste Spina (»CC«) und Anthony Catalano (»Tone«), ihre Musik und ihr Auftreten machten sofort Eindruck auf mich. Klar, als »alter Sack« gefiel mir die junge, immer etwas schüchtern und überrascht von ihrer Wirkung scheinende Frau natürlich besonders: Petticoat, Tattoo, barfüßiges Fußtrommeln und machtvolles Ausholen – die zarte Person sorgte für ziemlichen Wirbel.
Dazu der auch nicht so zur Rampensau taugende Typ, im Styling für mich nicht übermäßig zur Coolness neigend und als Entertainer deutlich unscheinbarer als die kantige, wuchtige Musik, die er heraushaute.
Ich habe seit jeher ein großes Faible für Duos in der Kombination Gitarre/Drums, angefangen bei Giant-Sand in der »Center Of The Universe«-Besetzung fallen mir Left Lane Cruiser, Blackwater Fever, Black Pistol Fire, Black Box Revelation ein. Okay, ein Faible für Bands mit »Black« im Namen scheine ich auch zu haben, aber das ist eine andere Geschichte.
Das führt zwangsläufig zu den Black Keys, einer der beiden Bands, mit denen Little Hurricane in den Medien oft verglichen werden. Die andere sind die White (ha!) Stripes. Sicher, die zwei Combos sind in besagtem Duo-Kontext wohl die erfolgreichsten (The Kills passen von der Besetzung nicht rein) und dienen bequem als Bezugsgrößen.
Diese Vergleiche taugen nur bedingt. Die White Stripes waren eine andere Liga: schneller, härter, eine wichtige und einflussreiche Band, was eindeutig am genialisch-manischen Jack White lag. Die Black Keys verfolge ich seit der ersten Platte und war lange ein großer Fan (bevor Dan Auerbach seinen Biss verlor).
Little Hurricane wirken auf mich leichtgewichtiger und auch etwas harmloser. Denn so richtig ›dreckig‹ werden sie nicht. Trotz aller musikalischer Kraft und lustvoll behaupteter Seelenpein bleibt es immer sauber und daher oft nur eine Spur neben – na ja – Pop. Muss ja nicht schlecht sein!
Konzert und Publikum im Privatclub bestätigten im Großen und Ganzen diesen Eindruck. Auf die Band können sich viele einigen. Eine äußerlich heterogene, dabei selten spektakuläre Mischung von jung bis älter mit vielen Frauen feierte ordentlich (aber immer im Rahmen) ab.
Daran änderte auch die in meinen Ohren etwas zähe, zu einheitliche erste halbe Stunde des Sets nichts. Mir kam es jedenfalls so vor, das stete »Uhmm-pappa-pumm« von CCs Basstrommeln und Tones etwas limitierte stimmliche Bandbreite strichen die Ähnlichkeit vieler ihrer Songs noch mehr heraus.
Später zog es an und wurde abwechslungsreicher, einige schnellere Songs haben sie ja doch. Ich würde sagen, dass die Songs von ihrer ersten LP »Homewrecker« immer noch die stärksten, am eindringlichsten im Ohr bleibenden sind. Die Lautstärke des Beifalls nach solchen unterstützte diesen Eindruck.
Entgegen dem Rat eines Freundes (»Sieh zu, dass Du nach vorne kommst, sonst siehst Du nix von CC, und im 6. oder 7. Monat steht sie bestimmt nicht öfter auf.«) und meiner distanzierten Natur folgend platzierte ich mich direkt neben dem Mischpult. Der Sound war dort ziemlich spitze. Keine Ahnung, ob die Art von Musik so leicht auszusteuern ist oder der Mixer eine Ausnahmekönner gewesen ist, jedenfalls hatte er genügend Zeit, seinen sozialen Kanälen zu folgen.
Mein Konzertkarma blieb mir treu und sorgte für eine Häufung von Zwei-Meter-Hünen in der Blickachse zu CCs Arbeitsplatz. Derart doch ziemlich um das visuelle ›Mehrvergnügen‹ gebracht, das in meinen Augen (ha!) den speziellen Reiz von Little Hurricane ausmacht, gebe ich dem Konzert eine gute Drei. Untypisch und lobenswert pünktlich ging es kurz nach Neun los, allzu lange haben sie nicht gespielt, eine Stunde regulärer Set, dann noch eine Zugabe, summa summarum 70 Minuten.
Ich war’s zufrieden und ging noch ein „Holy Shit“ im BKK trinken.