Froschbutter

Nicht aufhören zu strampeln, es wird irgendwann ...

Plattencover: 'Zombie Birdhouse' und 'Miami'

Untote Vogelhäuser, Blondie (irgendwie) & der Sommer '82

Als ich kürz­lich in mei­nem digi­ta­len Zet­tel­kas­ten durch die Musik-Noti­zen stö­ber­te, fiel mein Auge zum wie­der­hol­ten Mal auf das Album »Zom­bie Bird­house« von Iggy Pop. Die Vinyl­schei­be steckt zwar seit über 30 Jah­ren (oh Gott …) in mei­nem beschei­de­nen Schall­plat­ten­me­ter im Regal, aber ich bin den Weg der Ent­ding­li­chung ›mei­ner‹ Musik kon­se­quent gegan­gen = ich will über­all hören, was ich möch­te. Und dazu gehört »Zom­bie Bird­house« unbedingt!

Mit der Digi­ta­li­sie­rung von Vinyl hat­te ich kei­ne so tol­len Erfah­run­gen gesam­melt: mich hei­melt das Knis­tern nicht an. Und nun? Seit Jah­ren ist die CD nicht zu krie­gen (es sei denn für über 60,- €), von MP3- oder gar Stream-Ver­öf­fent­li­chun­gen ganz zu schweigen.

Als ich dem Impuls nach­ging und noch­mals nach irgend­wel­chen Mög­lich­kei­ten such­te, des Albums hab­haft zu wer­den, fand ich in einer abge­le­ge­ne­ren Ecke des Inter­nets einen hef­ti­gen Musik­fan-Blog mit einer Down­load­mög­lich­keit und ergriff sie. Ich habe – abge­se­hen vom »Musik­tau­schen« unter bes­ten Freun­den – immer, und auch ger­ne, für Musik bezahlt. Aber der Igman bot mir hier beim bes­ten Wil­len kei­ne Mög­lich­keit, ihm peku­niä­re Ehre zu erweisen.

Genug, um in der Sache wei­ter zu kom­men: Als das Album nach zumin­dest gefühl­ten Jahr­zehn­ten aus nicht den Boxen, son­dern dem »Schnu­ckel­chen« schall­te, kamen vie­le Erin­ne­run­gen wie­der hoch. An den Som­mer ’82. Mei­nen vor allem. Obwohl ich es sonst eher nicht so mit Erin­ne­run­gen habe …

Musi­ka­lisch war »Zom­bie Bird­house« für mich damals einer der bei­den wesent­li­che Aus­lö­ser einer Hin­wen­dung zur ame­ri­ka­ni­schen (Underground-)Szene. Obwohl (oder gera­de weil?) aus der »Gene­ra­ti­on Punk« stam­mend, war mir der Igman bis dato nicht ins Radar gekom­men. Okay, klar, das »LALALAALLALAAA« des »Pas­sen­ger« – in irgend­wel­chen Dis­kos der Gip­fel des Zeit­geis­tes und mir schon des­we­gen suspekt.

Und dann ent­deck­te ich ihn mit einem sei­ner unty­pischs­ten Alben für mich. Chris Stein von Blon­die hat­te pro­du­ziert, spiel­te Bass, Clem Bur­ke spiel­te Drums. Also zur Hälf­te mit Blon­die gemacht. Die hat­ten es bei mir nicht wirk­lich weit gebracht: Pop , Gla­mour (im »Dschun­gel«!), Erfolg = uäx. Aller­dings: Iggy mach­te was mit denen, also sooo schlecht konn­ten sie auch nicht sein?

Und die­ses Album klang auf­re­gend und bro­delnd, unter­schwel­lig gefähr­lich, angriffs­lus­tig, neu und anders. Damit war es nicht allein, hin­zu kam das 2. Album, das in die­sem Som­mer einen so gro­ßen Ein­druck bei mir hin­ter­ließ: »Miami« vom Gun Club.

Jawoll. Die­ses Cover mit den abge­ranz­ten Pal­men und den drei Typen drun­ter in ein­fach kran­kem »Polaroid«-Licht. Natür­lich sah Jef­frey »way« am schrägs­ten aus. Und die ande­ren zwei ›irgend­wie‹ zu nor­mal; na, nach dem Album war ja auch Schluss für sie. 

Egal, die Musik … »The Fire of Love« – wow! Genau­so auf­re­gend, neu, ev’rythang! Und wer hat’s pro­du­ziert? Genau: Chris Stein. Und Debbie träl­ler­te im Hin­ter­grund. Mann­mann. Grund genug, »ihnen« für alle Zei­ten dafür dank­bar zu sein, die­se zwei Schei­ben mit­ver­ant­wor­tet zu haben. Trotz­dem wur­de ich nicht zum Blon­die-Fan, obwohl die Sage geht (Wiki­pe­dia: »cita­ti­on nee­ded«), Jef­frey wäre zu Zei­ten Prä­si­dent des US-Fan­clubs gewe­sen. Gun Club-Fan wur­de ich aber. Das dunk­le, ver­zwei­fel­te, ein­sa­me in Jef­freys See­le (joi) und sei­ner Musik hat­te mich ziem­lich schnell und fest am Haken.

Iggy-Fan wur­de ich natür­lich in Fol­ge auch. Ganz so nah ist er mir nicht gekom­men, dazu mach­te er mir irgend­wie immer einen zu gesun­den Ein­druck, auch wenn das jetzt im Zusam­men­hang mit den zahl­rei­chen Dönt­jes aus sei­ner Ver­gan­gen­heit merk­wür­dig klingt. Aber so viel er sich zufüg­te, er konn­te es aus­hal­ten, die­ses »Haha­haa« in »Bull­do­zer« – das ist kraft­strot­zend. Die­ser gesun­de Kern = »Ihr könnt auf mich feu­ern, was ihr wollt …« ist super­cool und ehr­furcht­ein­flö­ßend. Aber halt nicht so ganz auf mei­ner Linie ;-).

So zäh­len wir nun 1 + 1 zusam­men, auf die bei­den Sei­ten einer Kas­set­te. Die Kas­set­te, Spät­som­mer, ein Auto in West­ber­lin. Zwei Freun­de, denen der Arsch juckt. Abend­li­che und nächt­li­che Spritz­tou­ren durch Lübars und Gatow, durch den dunk­len Wald = »Run Through the Jungle« – »Eat or be Eaten« – für West­ber­li­ner war nicht näher ran­zu­kom­men. Oh ja. 

Das war der Sound die­ses Som­mers, Iggy & Jef­frey, und als ich sie nun wie­der hör­te – »Miami« natür­lich auch gleich dazu –, brach­te mir das sicher nicht die Jugend zurück, aber so ein­dring­lich wie lan­ge nicht mehr das (gute!) Gefühl, wie es war, jung zu sein.


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